ALLES AUSSER GRÜN

20. August 2015

Frau Holle rüstet auf

Um die Tiroler Berge auch in Zukunft schneeweiß und damit attraktiv für Einheimische und Touristen zu halten, braucht es Innovationen – gerade in der Technik. Neuartige Verfahren sollen den heimischen Skitourismus nachhaltig sichern, indem sie kostensparend und energieeffizient die Schneeerzeugung garantieren: für eine zukunftsorientierte und umweltschonende Nutzung unserer Berglandschaft.

 

Ein Turm, der bei
Plusgraden Schnee spuckt

Seit 2009 ist es dank einer Weltneuheit möglich, am Pitztaler Gletscher unabhängig von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind Schnee mit hervorragender Qualität zu produzieren – und das energieeffizient durch Vakuum, aber ohne chemische Zusätze. IDE All Weather Snowmaker heißt die Wundermaschine, die die Qualität der Pisten in den Saisonrandzeiten verbessert. Außerdem schafft diese Innovation auf dem höchstgelegenen Gletscherskigebiet Österreichs eine Pufferschicht über dem Eis, die den Gletscherschwund und die Beschädigung der wichtigen harten Eiskruste durch die Sonneneinstrahlung verhindert.

Der 15 Meter hohe Produktionsturm wurde in einem eigenen Gebäude auf 2.840 Metern Höhe unmittelbar neben der Talstation der Pitz Panoramabahn errichtet. Der dort produzierte Schnee kann mittels Plastikrutsche direkt auf die unterhalb gelegenen Pisten geleitet werden, wo ihn Pistengeräte präparieren.

 

Kunstschnee wie aus der Mikrowelle – nur eben umgekehrt

Während eine Mikrowelle Moleküle zum Schwingen bringt, passiert beim neuen nivosus-Verfahren genau das Gegenteil: Es beeinflusst die Wassermoleküle, wenn sie aus der Schneelanze oder -kanone kommen, so, dass sie zur Ruhe kommen. Bis das Wasser-Luft-Gemisch auf den Boden fällt, ist es bereits vollständig zu Kunstschnee gefroren. Diese Entdeckung der beiden MCI-Wissenschaftler Dipl.-Ing. (FH) Thomas Hermann Obholzer und Ing. Ronald Stärz, die mit dem CAST technology award 2014 ausgezeichnet wurde, war eigentlich Zufall, aber aus ökologischer und ökonomischer

Sicht zukunftsweisend. Mithilfe dieser Technik kann weicher und trockener Kunstschnee effizienter, wirtschaftlicher, ohne chemische Zusätze und mit sehr guter Qualität produziert werden. Zum Vergleich: Bei gleichem Energiebedarf entstehen 30 Prozent mehr Schnee als bei herkömmlichen Beschneiungsgeräten – und das bereits bei Temperaturen zwischen –2 und 0 Grad Celsius. Und das Beste: Die Schneekanonen, die bereits im Einsatz sind, können mit dem neuen Tiroler System aufgerüstet werden. Nach den ersten erfolgreichen Tests im Labor und im Freien steht nun eine Langzeitstudie an, um das Verfahren zu perfektionieren.

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Foto: Thomas Obholzer

 

Künstliche Wolke lässt es im Ötztal schneien

Der Osttiroler Wissenschaftler Michael Bacher tüftelt gemeinsam mit einem österreichischen Forscherteam an einer künstlichen Schneewolke. In der vergangenen Wintersaison wurde diese erfolgreich in Obergurgl getestet: Aus einem Kubikmeter Wasser produziert diese bis zu 15 Kubikmeter echten Neuschnee – und das effizienter und billiger als herkömmliche Schneekanonen. In der kommenden Wintersaison soll der erste Prototyp in Obergurgleingesetzt werden, um zukünftig die neue Technologie auch im großen Stil einsetzen zu können. In der Wolkenkammer wachsen Kristalle, die dann als Schnee aus der Wolke fallen. Genau so, wie es auch in der Natur passiert. Die Produktion von echten Schneekristallen ist allerdings nur bei Temperaturen unter der Null-Grad-Grenze möglich. Man könnte zwar die Wolkenkammer auch kühlen, dies würde aber extrem viel Energie brauchen.

 

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Foto: Michael Bacher Neuschnee GmbH

 

Lifte unter 1.200 Metern sinnvoll?
Die Bergbahn AG Kitzbühel baut Witterungsschwankungen, die die Skisaison in Tallagen um bis zu drei Wochen verkürzen können, vor. „Neuinvestitionen in Wiederholeranlagen werden – ausgenommen Übungslifte im Tal – nicht mehr unter einer Höhenlage von 1.200 Metern getätigt“, erklärt Vorstand Dr. Josef Burger von der Bergbahn AG Kitzbühel. Die Begründung liegt auf der Hand: „Wenn innerhalb von zehn Jahren drei bis vier Mal Witterungsschwankungen die Saison stark verkürzen, beeinträchtigt das die Wirtschaftlichkeit in dieser Höhenlage.“ Strategisch von besonderer Bedeutung ist in Kitzbühel zudem ein modernes Snow-Management-System. Dieses produziert entlang der meistbefahrenen Pisten in möglichst kurzer Zeit auf ökonomisch und ökologisch effiziente Weise flächendeckend Schnee.



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