Wintertourismus in Gefahr?

7. Dezember 2015

Wenn Gletscher schmelzen und Schneekanonen auf Hochtouren arbeiten, fragen sich viele: Wohin geht es mit dem alpinen Wintertourismus?

Welche Auswirkungen hätte eine prognostizierte Erwärmung von ein bis zwei Grad Celsius bis 2050? Meteorologe Dr. Karl Gabl zeigt auf, welche Folgen der Klimawandel für unser Land und insbesondere den heimischen Wintertourismus haben kann.

Wohin geht es also mit dem alpinen Wintertourismus, wenn die Temperaturen auf Achterbahnfahrt sind?
Prognosen zufolge wird sich die Erde in Tirol bis 2050 um ein Grad Celsius erwärmen und die natürliche Schneefallgrenze in Österreich um etwa 150 Meter in die Höhe wandern.
Quelle: IPCC, BMWFW.

Wintertourismus_Klimawandel_2.jpgDie Auswirkungen auf den alpinen Wintertourismus liegen auf der Hand.

Karl Gabl weiß, dass das Klima nie eine Konstante war und Schwankungen etwas Natürliches sind. Allerdings: „Seit den 1970er-Jahren steht fest, dass der Mensch wesentlich zum Klimawandel beiträgt.“

Schneekanonen sind aus dem Pistenalltag nicht mehr wegzudenken.Und die Wintersaisonen scheinen immer kürzer zu werden. Unbestritten ist: Der Klimawandel verschiebt in Tirol die Schneegrenze nach oben – je wärmer es werden wird, desto höher wird sie liegen.

Der Trend eines Temperaturanstieges wird sich wahrscheinlich fortsetzen, obwohl beispielsweise die Durchschnittstemperaturen auf den Bergen seit 1990 etwas gesunken sind. Trotzdem geht Gabl nicht davon aus, dass sich das Klima bis 2030 stark verändert, denn die saisonalen Schwankungen – von Winter zu Winter – seien viel stärker als der Trend. Klar ist. dass Skigebiete in Tirol ohne Beschneiung sowieso nicht überleben könnten. Auch wenn bis 2050 manche Klimaforscher noch nicht mit gravierenden Veränderungen rechnen.

+3 Grad – und dann?

Nur drei Grad Celsius mehr (laut IPCC um 2080) würden für Tirol bedeuten:

• Es gäbe nur noch wenige höhere Skigebiete, die keine Schneeprobleme hätten.
• Eine Schneedecke würde sich später aufbauen und früher schmelzen.
• Die Pisten wären weniger lange befahrbar.

Offen bleiben Fragen, ob sich der Wintertourismus in höher gelegene Regionen verschieben und ob der steigende Ressourcenverbrauch der Beschneiung akzeptiert oder mit einem Imageschaden einhergehen wird.

Auch: Wie werden Einheimische und Touristen mit „weißen Bändern“ in einer grünen Winterlandschaft umgehen? Macht so das Skifahren, Skitourengehen oder Rodeln überhaupt noch Freude? Kontroverse Meinungen dazu wurden u.a. im Januar 2016 in diversen Medien diskuitiert.

Attraktive Alpenlandschaft erhalten

„Jetzt nicht mehr in den Wintertourismus zu investieren, wäre zu früh. Der Mensch ist flexibel genug, um mit innovativen Technologien und strategischen Tourismuskonzepten darauf zu reagieren“, meint Meteorologe Karl Gabl.

„Wenn aber der klimatische Trend so weitergeht, müssen wir damit rechnen, dass sich unser Lebensraum stark verändern wird.“ Gabl fordert deshalb, das Erschlossene zu halten und nicht durch ganz neue Skigebiete die Natur weiter zurückzudrängen, denn für ihn steht fest: „Touristen suchen die Natur und den Kontakt zum Tiroler.“

Saisonverlängerung für Städte- und Sommertourismus

Verkürzt sich die Wintersaison, könnten andererseits heiße Sommer Kurzurlauber in die klimatisch angenehmeren Bergregionen ziehen. Der Grund: Höhere Temperaturen und weniger Regentage wirken sich positiv auf die Nachfrage nach Urlaub in höher gelegenen Regionen aus. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Temperatur für einzelne Aktivitäten und Zielgruppen – welche Temperaturbereiche sind ideal oder akzeptabel? – neu zu definieren sein.

Klimaschutz: Kampf gegen Windmühlen?

„Das Problem beim Klima ist die langsame Responsivität: Es bräuchte deshalb eine CO2-Reduktion um mindestens 30 Prozent bis 2030 und um mindestens 20 Prozent bis 2050, damit wir das Klima nachhaltig beeinflussen können und die Klimaziele erreichen.“

Dazu kann und muss jeder seinen Teil beitragen, ermahnt Gabl. Garantie für eine nachhaltige Beeinflussung gäbe es aber nicht. Für Tirol gelte es laut Gabl vor allem, die Hausaufgaben bei der Luftsituation zu machen: „Das Problem in unserem Land ist die Inversionswetterlage im Winter: Viele Täler haben im Winter bis zu 70 Prozent der Zeit keine Luftbewegung.“ Wir sind deshalb alle gefordert, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, um unseren Lebensraum zu erhalten und die Tourismusdestination Tirol auch im Winter attraktiv zu halten, denn sie trägt maßgeblich zum Wohlstand in unserem Land bei.

Wordrap mit Karl Gabl
  • Tirol: Heimat
  • Klima: verbesserungsfähig
  • Tourismus: Segen, der nicht zu einem Fluch werden sollte.
  • Wintersport: Bergsteigen und Skitouren sind für mich Lebenselixier mit vielen Endorphinen.
  • Gletscher: Werden wahrscheinlich weiter schwinden – und das tun sie seit 1850.
  • „Lufthunderter“: Maßnahme, die notwendig ist, um Schadstoffe zu senken.


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