WER FÜRCHTET sich vor seinen Gästen?

30. Juli 2015

Niemand! Und wenn sie kommen?

Dann reden wir mit ihnen.

Gäste, die sich beschweren, sind keine Nörgler und Querulanten, sondern Veränderungswillige oder Loyale. Genau sie sind es, die wieder kommen! Jeder Betrieb wünscht sich zufriedene Gäste. Gibt ein Gast kein Feedback, ist dies allerdings nicht automatisch mit Zufriedenheit gleichzusetzen. Das Problem: Der nette Gast, der nichts sagt, den aber trotzdem etwas stört, kommt leider nicht wieder.

Tipps und Statements von FH-Prof. Mag. Hubert J. Siller

Deshalb lautet Prof. Hubert Sillers Empfehlung: „Animieren Sie Ihre Gäste im Gespräch zum Feed-back.“ Es ist keine unangenehme Kritik, sondern eine wichtige Basis für Qualitätsmanagement. „Denn nur wer weiß, was den Gästen nicht passt, kann sich verbessern“, weiß der Feedback-Experte.

Tiroler und Feedback
Wir Tiroler sind gesellige und freundliche Leute. Wir ratschen gerne und sind dafür über die Grenzen des Landes bekannt. Der enge Kontakt zu unseren Gästen ist uns seit jeher wichtig und der Erfolgsfaktor, mit dem wir groß geworden sind. Stammgäste, die 40 bis 50 Mal kommen, sind bei uns eher Regel als Ausnahme. „Dazu braucht es ein hohes Maß an Emotion und eine enge Beziehungsqualität mit den Vermietern, die vor allem in Familienbetrieben zu finden sind“, beschreibt Siller das Wesen der Tiroler.
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Das Freundschaftliche der Tiroler schafft ein angenehmes Umfeld für ehrliche Rückmeldungen: Gäste, die einem vertrauen, sagen eher die Wahrheit. „Wir könnten Rückmeldungen aber noch aktiver einholen, indem wir gezielt danach fragen“, rät Siller.

Feedback-Kulturen

Andere Länder, andere Sitten – auch in Sachen Feedback. Die Österreicher oder die Deutschen sagen eher, was ihnen nicht passt. Wir können damit auch umgehen und das mit einem klaren Vorteil: „Jeder Betrieb gewinnt dadurch“, erklärt der Feedback-Experte. Dazu die Forschung: „Bei einer Beschwerde muss der Gast eine Möglichkeit zum Feedback bekommen.“ So fühlt er sich gehört, verstanden und ein Betrieb erfährt, was er besser machen könnte.

Beschwerden sind für individualistische Kulturen wie Europäer und Amerikaner ganz normal. Es gibt jedoch Kulturen, von denen wir wenig bis gar kein Feedback erhalten: In kollektivistischen Kulturen Asiens ist es zum Beispiel eher unüblich. Sie kritisieren nicht oder nur selten. „Außer man fragt gezielt und höflich in einem angenehmen Umfeld nach“, erklärt Siller. Im Grunde geht es immer um das Gleiche: Wir müssen mit unseren Gästen reden und sie zum Feedback ermuntern.

Wie nach Feedback fragen?

„Fragen Sie nicht, ob dem Gast das Spa gefallen hat! Die Antwort wird wahrscheinlich lauten: ‚Ja!‘
Fragen Sie lieber: ‚Was hat Ihnen an unserem Spa gefallen oder nicht gefallen?‘
“, rät Siller. Denn: Mit gezielten offenen Fragen nach speziellen Themen erhalten wir eine ehrlichere und nützlichere Antwort, egal ob Asiate oder Europäer.

Mit standardisierten Feedback-Methoden wie Fragebögen erfahren wir ein allgemeines Stimmungsbild oder eine Tendenz. Das Ausfüllen sollte dabei nicht länger als drei Minuten dauern. Fragebögen zeigen kein repräsentatives und spezifisches Feedback. Als sinnvolles Instrument empfiehlt Siller den „Net Promoter Score“, einen Fragebogen, der nur aus zwei Fragen besteht (siehe Kasten unten). Siller ist überzeugt: „Diese Methode eignet sich, um zu erfahren, ob der Kunde wirklich zufrieden war.“

„Net Promoter Score“

Ein sinnvolles Instrument: Ein Kurz-Fragebogen bestehend aus zwei Fragen:

• 1. Frage: Würden Sie unser Hotel weiterempfehlen?
Antwort: Ankreuzen auf einer 10-stufigen Skala (0 = auf keinen Fall, 10 = mit Sicherheit)
• 2. Frage: Warum haben Sie so geantwortet?
Nur äußerst zufriedene Kunden empfehlen eine Dienstleistung weiter – moderate Zufriedenheit führt nicht dazu.

Feedback-Tipps von FH-Prof. Siller
  • Dialog als Schlüssel: Geben Sie Ihren Gästen die Möglichkeit, sich zu äußern. Wenn Sie nicht konkret nachfragen, können Sie auch keine Antwort erhalten, die Ihnen Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt.
  • Vertrauen als Basis: Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre. Reden Sie mit Ihren Gästen bei einem Glas Wein, beim Abendessen oder nach dem Frühstück.
  • Fragetechnik: Stellen Sie konkrete und offene Fragen. Nicht: Hat Ihnen Ihr Aufenthalt gefallen (= geschlossene Frage)? Sondern: Was hat Ihnen an Ihrem Aufenthalt gefallen? Was können wir für Sie besser machen (= offene Frage)?
  • Neue Leistungen: Fragen Sie gezielt nach Rückmeldungen zu neuen Angeboten im Betrieb.
  • Unter vier Augen: Bevorzugen Sie das Gespräch anstelle des Fragebogens. Damit erhalten Sie verwertbarere Antworten.
  • Anreiz: ollten Sie dennoch den Fragebogen wählen, bieten Sie Motivatoren zum Ausfüllen wie Incentives, Gutscheine oder Gewinnspiele. Verwenden Sie den „Net Promoter Score“.


<Hubert Siller, Prof. (FH) MCI Tourismus

Zur Person: FH-Prof. Mag. Siller

Prof. Mag. H. Siller ist Experte in Sachen Feedback und Leiter Department & Studiengänge Tourismus am MCI Management Center Innsbruck.



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